Hund müsste man sein
Jetzt ist es also so weit. Ich stehle meinem Mann den Stoff! Nein, nicht die Drogen (die es sowieso nicht gibt), nicht den Alkohol oder den Tabak – ich reiße den Schreibstoff an mich – das Thema - das einzige auch noch, zu dem er in den letzten Jahren überhaupt geschrieben hat. Und das auch noch verdammt gut – besser als ich es wahrscheinlich je kann. Was fällt mir überhaupt ein?
Dass ich was über Hunde schreiben würde, wusste ich bis vor ein paar Stunden auch noch nicht. So ist das mit den Themen. Sie drängen sich ins Bewusstsein und der Schreiberling kommt manchmal nicht umhin, dem nachzugeben. Wenn mein Mann Glück hat, wird dieses Gedankenexperiment niemals fertig. Schatz, wenn Du das liest, entschuldige, es wurde fertig und Du hast das Ergebnis vor Deiner Nase. Ich hoffe, Du verzeihst mir. Bitte versuche nicht, meine Zeilen mit Deinen zu vergleichen, denn – Du weißt, dass Du besser bist.
Nun denn, ich schreibe über Hunde. Wie immer gab es natürlich einen Auslöser. Heute Morgen sprach ich mit Bunny, meinem Beagle. Ja, ich spreche mit meinem Beagle – ständig – ist ja der Einzige, der mir zuhört. Er kann ja auch gar nicht anders, der Süße. Früher musste mein Sohn für sowas herhalten. Der ist aber erwachsen und aus dem Haus. Bleibt also noch der Hund. Kater und Katze haben sich erledigt, die zeigen mir nur noch die kalte Schulter, es sei denn ich habe eine Dose in der Hand. Also, der Hund musste mal wieder dran glauben und zuhören.
Aber was war denn nun passiert? Wie das so ist am frühen Morgen, ich ausgeschlafen und topfit, der Hund noch müde und träge auf dem Sofa, wie immer so unglaublich niedlich mit seinem Schlafzimmerblick – ich konnte nicht anders, als dieses Zuckerwatte-Tier zu streicheln. Wahrscheinlich verdrehte der da schon innerlich die Augen und dachte: Jetzt geht das Geblubber gleich los.
Und wie ich loslegte. Ich erzählte ihm, wie unglaublich süß und wundervoll er sei. Und dass er in seinem nächsten Leben ganz sicher nicht mehr als Hund geboren werden würde, sondern als Mensch. Dann hielt ich inne, denn irgendwie konnte ich gar nicht aussprechen, dass er als Mensch geboren werden sollte. Bei dem Gedanken beschlich mich ein merkwürdiges Gefühl. Da lag diese wunderbare Hundeseele vor mir und schaute mich an – friedlich, freundlich und so selbstbewusst und zugleich selbstlos. Wollte ich diese Hundeseele wirklich verkorksen? Nun gut, der Hund durfte als Mensch geboren werden, aber nur, wenn er seine wunderschöne Hundeseele behielte. Damit konnte ich leben.
Noch ist es aber ja gar nicht so weit, Bunny, der Beagle, lebt sein Leben als Hund. Und das hoffentlich noch sehr lang. Sechs Jahre wird er nächsten Monat, und ich wünschen ihm und mir, dass er mich noch lange begleitet und mein Leben bereichert. Denn das tut er. Und bei seiner Bereicherungsarbeit und meiner Beobachtung dieser, kommt mir nicht selten der Gedanke: Hund müsste man sein. Was ein Leben das ist! Eigentlich muss man ja gar nichts tun. Man schläft, erkundet die Natur und die Artgenossen (ja, manchmal auch die Menschen, die dazugehören), isst leckeres Futter und manchmal auch Mist von der Straße, und lässt sich mit Streicheleinheiten verwöhnen, wenn man das braucht. Hin und wieder spielt man auch den Therapeuten, wenn der Mensch gerade eine Sitzung braucht. Zumindest macht Bunny das für mich. Auch wenn ich manchmal sein inneres Stöhnen darüber sehen kann. Geduldig lässt er sich dann doch knuddeln und hört sich mein Salbadern an – das Glücklich, sowie das Traurige und Depressive, oder auch das Wütend meiner inneren Welten. Dabei bleibt aber immer noch viel Zeit, sich dem Hundeleben hinzugeben. Dieses Leben, von dem ich als Mensch so oft träume. Ach, was muss das schön sein – einfach nur da zu sein. Man muss sich keine Sorgen um nichts machen. Der Futternapf immer gut gefüllt, das Gras am Mainufer, das so gut riecht und sich dazu noch so herrlich zum darin Herumrollen eignet. Gänsekot macht dem Hund ja nichts aus. Als kleiner Snack zwischendurch ist es auch ganz brauchbar. Nicht zu viel, sonst gibt es wieder Bauchzwicken – das hat der Beagle inzwischen auch begriffen. Aber so ganz generell, das Leben als Hund muss einfach herrlich sein. Wenn der Mensch am anderen Ende der Leine mal nicht so ganz pariert, stellt man die Ohren auf Durchzug. „Bunny? Muss ich das Wort kennen? HIER? Was’n das? Muss ich das kennen? Ach KOMM, hat sie gesagt…Ja, ja, ich komme, dann, später, wenn ich fertig bin mit meinem Beagle-Business – mal halb lang – es riecht grad so gut. Ist doch nicht meine Schuld, wenn deine Nase nicht so gut funktioniert wie meine.“
Ja, das Leben als Hund muss einfach fabelhaft sein! Geheime Nachrichten an jeder Ecke, die nur er und seine Artgenossen verstehen, Leckerlies regnen vom Himmel oder liegen einfach auf der Straße rum, überall duftet es so gut und wälzen kann man sich, wo immer man gerade geht und steht. Ansonsten verbringt man den Tag mit Ruhen und Schlafen, gestreichelt werden inklusive. Von Arbeit hat noch kein Hund etwas gehört und braucht es auch nicht. Ich beneide meinen Hund um sein Leben.
Und nicht nur mir geht es so. Gerade als ich diesen Morgen mal wieder eines dieser Gespräche mit meinem Beagle habe – über das Hund-Sein und wie toll das doch ist, und wie sehr er es verdiente, als nächstes Mensch zu werden (mit Hundeseele versteht sich), treffe ich auf eine andere Hundebesitzerin, die, aus heiterem Himmel, das Selbe sagt. Und gemeinsam stehen wir da, unsere Hunde, Beagle und Terrier, an der Leine, die sich ergeben auf dem sonnengewärmten Boden niedergelegt haben, und schwelgen in unserer Hunde-Traumwelt. Ich muss jetzt nicht von vorne anfangen, oder? Ich kann also nicht so ganz falsch liegen mit meinen Vorstellungen eines Hundelebens. Das ist weder die ersten noch der letzte Hundebesitzer, der oder die auch lieber ein Leben als Hund führen würde. Noch ganz verklärt gehe ich nach Hause, mir dieses himmlische Hundeparadies vorstellend. Und dann…
Halt! Stopp! –
Ich versetzte mich in meinen Beagle, und plötzlich kommen da ganz andere Gedanken zum Vorschein.
Was ist mit den Momenten, da man auf den Menschen warten muss? Da will man morgens, mittags oder abends raus, die Schnauze liegt schon auf dem Sofa und das Pippi steht einem schon in den Augen. Und was macht der Mensch? Sitzt auf seinem Hintern und trinkt noch einen Kaffee, steckt sich noch ein Stück Schokolade in den Mund, oder Chips oder Pizza oder – brrrr – Salatblätter und starrt in diesen komischen Kasten mit den merkwürdig bewegten Bildern. Hallo???? Siehst Du nicht, dass ich gerade mal ganz dringend raus will? Meine Blase drückt echt , aber ich bin doch kein Nestbeschmutzer. Jetzt blubbert der Mensch wieder was. Hm, was immer das auch heißen mag, Gassi, Raus, Spazieren oder Leckerli war nicht dabei. Ach, Warten – ja das kenn ich. Sprich, es geht jetzt offensichtlich noch nicht raus. Ich bin noch nicht dran. Blöder Mensch, versteht echt nix. Ich lauf bald aus und über, und die interessiert das nicht die Bohne. Und wenn es dann endlich los geht, dann kann man darauf wetten, dass man wieder in dieses Ding schlüpfen muss. Geschirr nennen die das. Ist zwar besser als ein Halsband, dass einem die Luft abschnürt, aber toll ist es auch nicht. Und dann dieser Strick, an dem man befestigt wird. Zwischen zwei und fünf Meter Bewegungsfreiheit. Ernsthaft? Wie soll man sich denn da austoben, einen Platz für die privaten Angelegenheiten finden oder dem dämlichen Pit Bull aus dem Weg gehen, der einen schon seit Jahren nervt? Also mal ehrlich! Überhaupt ist das echt unfair. Warum muss ich mit diesem Geschirr und diesem Strick durch die Gegend geführt werden? Ihr lauft doch auch nicht so rum? Was soll das denn? Was glaubt ihr eigentlich wer ihr seid? Einsperren, anketten – ja, das könnt ihr. Aber habt ihr eigentlich eine Ahnung, wie es mir damit geht? Interessiert euch das eigentlich? Und nicht nur dass ihr mich ankettet, nein, ständig muss ich dahin, wohin ihr mich zieht und zerrt, darf da nicht hin, wo ich es schön finde, dort soll ich nicht schnüffeln und da nicht lecken. Alles ist Pfui und Nein – Wie ich diese Worte hasse. Ok, ich lass sein und nehm das Leckerli. Aber wenn ich könnte, dann … Ja dann, würde ich echt mal die Sau raus lassen – jeden Millimeter nasentechnisch untersuchen, jeden Zentimeter ablecken, mich in Entenkacke wälzen bis ich paniert bin. Danach würde ich mich im Sandkasten wieder sauber rollen und im Main von den Wellen den Rest erledigen lassen. Oder eben anders rum. Kommt auf die Tagesform an.
Wenn ich könnte, würde ich so vieles anders machen. Aber ich kann nicht. Die Menschen verstehen mich nicht. Sie blubbern die ganze Zeit, aber sagen eigentlich nichts. Eine merkwürdige Sprache, die sie da haben. Ob das wohl eine Sprache ist? Kann irgendwie gar nicht sein, denn sonst wüssten sie, dass man zum Verstehen gar nicht so viele Laute braucht. Nase ist wichtig. Ansonsten reicht ein Wedeln mit dem Schwanz, das Aufstellen des Kamms, ein bisschen Zähne zeigen und Knurren, wenn es sein muss. Beißen mag ich nicht, vielleicht mal ein Zwicken, nur so zur Verwarnung. Hat fast noch jeder verstanden. Ich bin schon mal gebissen worden, ziemlich schlimm. Da hab ich mir geschworen, dass ich das niemals machen würde, außer zur Selbstverteidigung. Diese Laute, die die Menschen da immer von sich geben. Ich bin davon überzeugt, dass sie nicht wirklich was bedeuten. Sonst würden die sich nicht immer so laut anblaffen. Klingt manchmal wie hysterisches Bellen. Das, was diese Terrier manchmal von sich geben. Voll gestört, sag ich euch. Die haben sich das schon abgeschaut von ihren Menschen. Hab noch keinen anderen Beagle gehört, der sowas von sich gibt. Auch die Boxer und Schäferhunde haben sowas nicht nötig. Offensichtlich sind diese Laute ziemlich uneindeutig und missverständlich. Wie sonst ist es zu erklären, dass bei dieser Blafferei die Lautstärke steigt? Als würde der Lauteste gewinnen. Und dabei wäre es so einfach: Nase, Fell, Zähne – das ist wichtig!
Nein, ich will mich ja gar nicht beschweren. Ich mag sie ja, meine Menschen. Wenn sie nur etwas mehr verstehen würden. Aber sie scheinen so eingeschränkt zu sein. Eigentlich sollte ich Mitgefühl mit ihnen haben. Deswegen lass ich meinen Menschen – die weibliche davon – ja auch quatschen, wenn sie das braucht. Ich habe Geduld mit ihr. Es scheint ihr zu helfen. Sie ist dann immer etwas leichter, durchscheinender. Manchmal hab ich sogar das Gefühl, dass sie mich dann auch versteht. Ob sie bemerkt, dass ich manchmal die Augen verdrehe? Ich glaube schon. Sie schaut dann immer so betreten und streichelt mich noch mal viel zärtlicher. Als würde sie sich entschuldigen. Wenn sie mir den Bauch zeigen würde, dann wüsste ich es mit Sicherheit. Ich hab ihr das schon so oft vorgemacht, aber sie will einfach nicht lernen. Egal, ich hab alle Zeit der Welt. Sie wird es schon noch verstehen. Bis dahin hör ich halt weiter dem Geblubber zu. Gibt immerhin ein Leckerli dafür, und das Ohrenkraulen ist auch ganz schön.
Was mach ich hier eigentlich? Zuerst stelle ich mir das Hundeleben als Paradies vor. Dann fällt mir auf, dass auch das nicht so herrlich ist, wie ich das eventuell glaube. Ich stelle mir also vor, wie sich mein Hund so fühlt, wenn ich mal wieder allzu menschlich bin, und wie das bei ihm ankommt und was in ihm vorgeht. Ja bin ich denn eigentlich noch zu retten? Ist ja ganz nett, wenn ich mir den Kopf zerbreche über die Welt der Hunde, vor allem jene, in die wir Menschen sie zwingen, wenn wir mit ihnen zusammen leben. Welch Anmaßung! Als könnte ich im Mindesten erahnen, wie es ist Hund zu sein. Nein, ich habe keine Ahnung – kann sie gar nicht haben. Aber so ist das mit den Menschen. Ständig behaupten wir, wir wüssten Bescheid – über das Leben, das Universum und den ganzen Rest. Wir haben alles durchschaut, verstanden und ergründet – inklusive der Hundeseele. Welche Hybris kommt da zum Vorschein. Dabei haben wir noch nicht mal unsere eigene Seele verstanden. Manche vertreten sogar die Meinung, so etwas wie Seele gäbe es gar nicht. Und dann wollen wir Aussagen über andere Lebewesen machen. Mit welchem Recht? Auf welcher Erkenntnisbasis tun wir das? Mancher mag nun einwerfen, der Mensch sei die Krone der Schöpfung, geschaffen nach dem Ebenbild Gottes (siehe Genesis). Und da stehe eben auch, macht euch die Erde untertan, und, ihr sollt herrschen über die Erde und alles was auf ihr lebt. Nun, es mag sein, dass diese Worte so oder so ähnlich dort stehen. Inwiefern diese Worte damit ausdrücken, der Mensch sei die Krone der Schöpfung und hätte somit das Recht, sich über die Natur zu erheben, ist allerdings etwas ganz anderes. Vielleicht haben wir Menschen hier einfach etwas ganz falsch verstanden. Vielleicht gibt es einen Übersetzungsfehler – einen Übertragungsfehler sozusagen. Wer kann schon sagen, in welchen Worten Gott hier gesprochen hat, oder ob überhaupt ein göttliches Prinzip sich offenbarte. Vielleicht war Gott ein Beagle und kannte nur Nase, Fell und Zähne. Und irgendwer hat es in dieses unverständliche und missverständliche Geblubber übersetzt, das dann wiederum von anderen Blubberfetischisten interpretiert wurde, so dass es zum Rest des menschlichen Blubbern passte. Da heißt es so schön in Genesis, dass Gott sah, dass seine Schöpfung gut war und der Mensch, nach seinem Ebenbild geschaffen, der Hüter dieser sein sollte. Genau – Hüter! Von Herr und Meister oder, noch schlimmer, Interpret und Manipulator steht da nämlich nichts. Meine Vorstellungen eines Hundelebens können damit auch nur ein Ausdruck dieser menschlichen Hybris, dieses wirren Geblubbers, sein, das sich über die Natur erhebt. Diese Anmaßung, die da denkt, dass sie alles weiß und alles durchdringen kann, weil zur Reflektion fähig. Als Beweis dafür wird auf die Sprache verwiesen. Wir sind als einzige Wesen der Sprache mächtig. Ah ja? Dann fragt man den Beagle, was er davon hält. Als wären Worte der einzige Weg der Kommunikation und ach so effektiv. Worte – zu diesem Schluss komme ich immer häufiger – sind ein denkbar schlechtes Mittel zur Kommunikation. Sie sind anders als Gedanken und Gefühle. Auch hier kommt es immer wieder zu Übertragungsfehler. Selbst wenn es uns gelingt, diese unsere Gedanken- und Gefühlswelt in adäquate Worte zu übersetzen, stellt sich immer noch das Problem der Bedeutung der Worte. Diese ist von so vielen anderen Faktoren abhängig, vom kulturellen Hintergrund zum Beispiel, oder dem Bildungsgrad und der Berufszugehörigkeit des Sprechers. Worte sind aufgeladen mit Ideen, Ideologien, Vorstellungen. Und die wiederum sind zutiefst individuell. Obendrein sind die Worte und ihre Bedeutung an den Rändern besonders unscharf. Die Forschungen in der Semantik geben mir recht. Und weder die Linguisten noch die Philosophen haben bisher eine Antwort auf die Mehrdeutigkeit von Worten und den damit einhergehenden Verwicklungen gefunden. Wir mögen glauben, dass wir ein Wort benutzen und jeder immer versteht, was wir damit meinen. Dem ist aber nicht so. Weit gefehlt. Mir fällt das zunehmend auf in Gesprächen. Wir reden stundelang über ein Thema, geraten fast schon in Streit, nur um am Ende festzustellen, dass wir eigentlich das Gleiche meinen, nur andere Worte nutzen, oder unsere Worte anders bewerten. Oder, wir sprechen miteinander, denken, wir meinen das Gleiche, weil wir die gleichen Worte nutzen, aber missverstehen uns zutiefst, da wir unseren Worten eine völlig andere Bedeutung beimessen. Was für ein Chaos! Und bei all dem sind wir immer noch fest davon überzeugt, dass wir die Krone der Schöpfung seien. Das Beste, das die Evolution hervorgebracht hat. Nochmal. Welche Hybris. Mensch-Sein bedeutet Unzulänglichkeit, so vieles eben nicht zu verstehen. Wir haben uns so sehr abgekoppelt von der uns umgebenden Natur. Nur unsere Überheblichkeit verführt uns dazu, zu behaupten, wir hätten die Natur und damit uns verstanden. Wir mögen in der Lage sein, allesmögliche mathematisch zu berechnen, die unglaublichsten Dinge hervorzubringen, ja sogar den genetischen Code geknackt zu haben, aber wirklich verstanden haben wir weder uns noch die Natur. Oder wie wäre es sonst möglich, dass ich mir ein Hundeleben vorstelle, von dem ich im Grunde überhaupt keine Ahnung habe. Ich bin kein Hund, kann mich auch nicht in einen hineinversetzen. Ich kann noch nicht mal mit ihm sprechen. Uns fehlt die gemeinsame Sprache. Und dabei fürchte ich, dass mein Beagle mich sehr viel besser versteht, als ich ihn, und das nur mit Nase, Fell und Zähnen, oder auch anderen Arten der Wahrnehmung, von denen ich nicht den blassesten Schimmer habe. Was ist da bloß passiert in dieser Evolution? Wann ist uns die Achtung vor dem Wunderbaren abhandengekommen? Wann haben wir aufgehört zu staunen über die Spielarten der Natur? Warum wollen wir alles bis ins Kleinste oder Größte ständig berechnen? Als würde Erkennen und Verstehen allein von Zahlenkolonnen abhängen.
Es scheint mir manchmal, als bräuchten wir eine Re-Evolution. Ein Zurück zu etwas, das wir verloren, vergessen und vergraben haben. Die Hoffnung habe ich aber noch nicht aufgegeben. Immerhin haben wir noch den Teil unsers Gehirns, der an unser Reptilienerbe erinnert. Hier sind wir vielleicht noch ursprünglich. Und unser limbisches System, das für Gefühle zuständige ist, existiert daneben ebenfalls. Eventuell, sollten wir auch diesem wieder mehr Aufmerksamkeit schenken. Wir haben demzufolge beide Enden des biologischen Spektrums in uns - und auch den ganzen Weg dazwischen. Eine Chance also, eine Sprache und damit auch eine Welt zu finden, in der wir kommunizieren ohne Missverständnisse. Wir können gerne Worte benutzen, und damit unsere Vorstellungen zum Ausdruck bringen. Aber vielleicht können wir sie kombinieren – mit dem Erstaunen über das Wunder des Lebens und der Vielfalt auf dieser Welt. Legen wir doch unsere Hybris ab und werden manchmal wieder mehr Nase, oder Mund, Augen, Ohren, Haut und Gefühl. Werden wir doch einfach wieder etwas vollständiger. Vielleicht gelingt uns so der Zugang zu unserer Seele. Dann brauchen wir uns vielleicht gar keine Hundeseele mehr wünschen. Denn wäre eine Seele einfach eine Seele – einzigartig und wunderbar in ihrer Ausprägung. Und in diesen Einzelseelen könnte eine Kommunikation über die Spezies hinaus entstehen. Ich würde gerne in dieser Welt leben – ob als Hund oder Mensch, wäre dann nicht wichtig.